Interview mit Andrea Ehret

Andrea, Du hast große Erfahrung mit Pferden, im Reiten und veranstaltest auch selbst Distanzritte. Aber das ist nicht alles. Interessante Rittberichte und professionelle Fotos von Distanzritten findet man von Dir in vielen Fachzeitschriften. Wie fing das alles an ?

 

Andrea:

Mit dem Reiten angefangen habe ich, seit ich ohne meine Eltern alleine die Haustür verlassen durfte. Mit dem Fahrrad bin ich zu einem ca. 10 km entfernten Ponyhof geradelt und hab mir für mein Taschengeld einmal wöchentlich ein Pony ausgeliehen. Schon damals bin ich mit dem Pony lieber eine Runde durch’s Gelände, als auf den Reitplatz zu reiten. Sobald ich alt genug war kam ich in eine Voltigier-Gruppe, darauf hin folgten Reitstunden und Urlaub auf dem Ponyhof etc. bis ich mir dann 1996 das erste Pferd gekauft habe…um die Geschichte kurz zu machen, 2001 bin ich über das Distanzreiten gestolpert und bin, nach einem Lehrgang bei Inge Harbach, auf der Hassellache in Bürstadt meinen ersten Distanzritt von 41 km gegangen. Und so war ich infiziert.

Nachdem ich schon einige Reiterralleys organisiert hatte, habe ich 2005 zusammen mit Sabine Bartmann die erste Eichwalddistanz organisiert. Bis 2011. Aufgrund des Jobwechsels blieb nicht mehr viel Zeit, Veranstaltungen zu organisieren.

Wenn ich nicht auf dem Pferd sitze, fotografiere ich gerne – natürlich Pferde, und diese am liebsten freilaufend. Und dann schreibe ich gerne Rittberichte, bzw. auch Berichte, wie bestimmte Ritte stattfinden, was auf die Reiter zukommt und was sich im allgemeinen erwartet. Einige dieser Beschreibungen sind auch schon auf www.distanzreiten.com übernommen.

 

Dein Name ist unverwechselbar verbunden mit einem Pferd: Samweis Gamdschie. Alle nennen ihn liebevoll „Sam“. Ich habe mitverfolgen können, wie Du ihn zu einem erfolgreichen Distanzpferd aufgebaut hast. Verrate uns doch einmal, woran man ein geeignetes Distanzpferd erkennt und was wichtig ist für das Training ?

 

Andrea:

2006 habe ich mir Sam(weis Gamdschie) gekauft. Eigentlich war ich gar nicht auf der Suche nach einem Pferd, aber wie es der Zufall will, hab ich im Internet eine Anzeige gesehen und gedacht, der oder keiner. Es war mir auch egal, dass er mit 3 Jahren schon ein Stock von 1,64 cm hatte. Er war auch nicht der Vollblut-Typ, wie ich mir ein Pferd für mich vorstelle – er war einfach so wie er ist. Groß, braun, aber im Herzen ein Pony.

Ungeritten, wie er war, habe ich ihn für drei Monate in Beritt gegeben und darauf hin sozusagen einfach los geritten. Da war er 4 Jahre alt. Ich habe Bodenarbeit mit ihm gemacht, Reitstunde und kleine Ausritte. Was für Vorraussetzungen muss ein Distanzpferd mitbringen? Ich denke: einfach Lust zu laufen in der freien Natur. Den Rest muss der Reiter entscheiden. Was will man und wo will man hin? Vielleicht ist aber auch die Frage „Was will ich nicht?“ ganz wichtig.

Sam ist 5jährig 4 gemütliche EFR-Ritte gegangen. Eine besondere Vorbereitung hierfür gab es nicht. Ich bin einfach nur ganz normal geritten, mit Reitstunde, Stangentraining und pipapo – und Faulenztagen. Einen kleinen Wanderritt von drei Tagen durch den Odenwald und gelegentlich mal einen längeren Ausritt von ca. 20 km im Schwetzinger Hardtwald – aber das kam nicht oft vor.

6jährig kamen noch 2 Ritte dazu und die Streckenlängen wurden um 20 km erhöht. Und ich glaube, Ende der Saison war dann schon Perle Andrea dabei. Sie mit im Team – was besseres hätte Sam und mir gar nicht passieren können. Seitdem starten wir im 3er-Team. Ich finde, eigentlich müsste der Tross bei der Rangehrung mit aufgerufen werden. Ohne den Tross könnten viele von uns nicht so reiten, wie wir es tun

Trainingtipps kann ich leider keine geben, da ich denke, was und wie man was macht, muss man von Pferd zu Pferd unterscheiden. Tägliche Bewegung ist wichtig – vor allem wenn man in einem Stall ohne große Auslaufmöglichkeiten steht. Für den täglichen Auslauf sorgt schon ein gemütlicher Schrittausritt. Im Schritt wird das Pferd am schonensten trainiert. Wer hierzu auch noch Berge vor der der Tür hat…

Als Ratschlag kann ich jedem Neueinsteiger eigentlich nur empfehlen: Reitet nicht zu früh zu schnell. The Speed kills the horses.

 

Das muss ich einfach nochmal wiederholen: „The speed kills the horses“ ! Das sollte man nie vergessen. Dann kam die deutsche Meisterschaft im Distanzreiten. Wie hast Du diesen Spitzenwettkampf erlebt ?

 

Andrea:

Die DM 2015 in Illertissen war ein großartiges Erlebnis. Uschi hat das toll organisiert und viel Mühe und Herzblut in die Veranstaltung gesteckt. Ich bin froh, dass ich meine Chance genutzt habe, daran teilzunehmen und ganz arg stolz auf mein Pferd, dass er 160 km mit gemacht hat. Da diese DM meine einzige war, an der ich je teilgenommen habe, kann ich nichts dazu sagen, was man verändern oder verbessern könnte. Die Idee, den Ritt (ohne DM-Wertung) früher in der Wertung zu beenden finde ich gut. Besonders auch für den Veranstalter, der so mit Sicherheit mehr Starter ins Feld bekommt. Auf der anderen Seite denke ich aber, 160 km zu nennen und reiten zu müssen, um in der Wertung zu reiten, kann auch motivieren. Das hat vielleicht zum Hintergrund, dass es folgende Regel gibt:

  • 4.4 unseres Reglements:
    … das Pferd gilt als reit-/ fahrtauglich, wenn es nach Meinung des Tierarztes die vor ihm liegende Strecke, bei der Nachuntersuchung mindestens 20 km, sofort zurücklegen kann, ohne Schaden zu erleiden oder Schmerzen zu ertragen

Trotzdem sollte jeder Reiter auf seinen Bauch hören und aufhören weiterzureiten, wenn er es für richtig hält.

Mein Slogan: Starte besonnen, hab einen schönen Rittag und reite ins Ziel als Dein eigener Sieger.

Sam hat jetzt über 6700 km i.d.W. – davon 4500 km auf der langen Strecke – ich denke darauf kann ich stolz sein.

 

Darauf darfst Du sehr stolz sein! Ich wünsche Dir, Sam und Andrea Liebich noch eine gute und erfolgreiche Zeit. Vielen Dank für das Interview, bis zum nächsten Ritt!

Das Interview führte Werner Arndt (Team 25)

 

Andrea Ehret, Archiv: Andrea Ehret

Andrea Ehret, Archiv: Andrea Ehret