von Christian Lüke
Der Schilchernhof der Markert-Baeumers liegt märchenhaft im Oberallgäu. Hat man die richtige Zufahrt gefunden, erwartet einen das Paradies für Distanzreiter, knapp 40 Klassepferde auf der Koppel, zwei Reithallen, eine allein für Longe und Führanlage und ein Reitwegenetz par excellence!
Der Schilchernhof ist prädestiniert für ein süddeutsches Distanzreitzentrum: Neben sehr erfahrenen und erfolgreichen Reitern bietet der Schilchernhof zwei Hallen und unendliche Kilometer bester, leicht hügeliger Reitwege und sogar eine „40km-Hochgeschwindigkeit-Galoppstrecke“ entlang der Iller.
Viele kennen sicherlich den Hof mit dem herrlichen Blick auf die Allgäuer Voralpen durch eine Teilnahme an der jährlich stattfindenen Schilchernhof- Distanz oder einem der angebotenen Distanz-Seminare.
Wie man vielleicht erkennt, werden hier Nägel mit Köpfen gemacht. Wenn Distanzsport, dann mit voller Leistung und mit vollem Einsatz, auch für den Sport generell, das ist eine der vielen Gemeinsamkeiten der Beiden, Sybille und Fritz. Wenn man den Pferdehänger mit dem Schilchernhof-Logo auf einem Distanzritt stehen sieht, weiß man, daß hier ein oder zwei Reiter anwesend sind, die ein ganz klares Ziel haben – gewinnen. „Die Baeumer kann nur rasen“, hat Sybille schon öfters hören müssen, aber mit solchen Sprüchen über sieben Ecken kann sie ganz gut umgehen. Eben kommen sie von einem Wanderritt aus Österreich zurück. „Wir gehen gerne zum Wanderreiten“, sagt Sybille, aber „ein Distanzritt ist ein Wettbewerb, bei dem es darum geht, zusammen mit dem Pferd gesund und möglichst schnell eine Strecke zurückzulegen.“ „Angekommen ist gewonnen“ mag für viele ein Ziel sein, Sybille reicht das jedoch nicht.
Ganz klar, Sybille und Fritz gehören der Sportfraktion an. Der Erfolg der beiden liegt daran, dass sie sehr zielorientiert sind, ohne jedoch den Spaß an der Sache aus den Augen zu verlieren. Dabei sind beide noch gar nicht so lange auf Distanzen unterwegs und haben neben dem Reiten auch noch zahlreiche andere Hobbys.
Sybille war viele Jahre beim Drachenfliegen aktiv und hier 6x Teamweltmeisterin. Bei der WM in Florida im Jahr 2006 beendete sie abrupt den Sport. Sie erkannte die Gefahr im leistungsorientierten Wettkampf und seit dem fliegt sie keine Wettbewerbe mehr. In diesem Jahr war es auch, als Sybille ihren späteren Ehemann Fritz Markert kennengelernt hat, es war Liebe auf den ersten Blick und die Hochzeit 2007 ließ nicht lange auf sich warten. Seitdem sind sie gemeinsam unterwegs.
Zwar kamen beide schon früher gelegentlich mit Pferden in Kontakt, aber vom Distanzsport hat sie erst 2004 gehört. „Normales Reiten“ war der Sportlerin Sybille zu langweilig, Distanzreiten hat das geändert: Ihr erster Distanzritt war 2005 mit Garibha, vier Jahre später gewannen beide die Deutsche Meisterschaft. Seitdem trainiert Sybille sehr konsequent und professionell. Ihre anfänglichen Schwächen mit dem ausbalancierten Sitz hat Garibha weggesteckt, so Sybille lachend.
Nun wird während der Winterzeit immer intensiv an der Reittechnik in der zwei Jahre neuen Halle gearbeitet, im Frühjahr geht des dann wieder ins Gelände. Nach dem Schilchernhof-Ritt, der am 21.4.2012 stattfindet, wird dann das Jahresziel verfolgt. Hier ist die Deutsche Meisterschaft immer ein Thema. 2009 stand sie bereits auf dem Treppchen ganz oben und nach dem Gewinn der Vizemeisterschaft 2010 in Dillingen bekam sie aus Bahrain ein so attraktives Angebot für ihr Pferd, das sie nicht ablehnen konnte.
So suchte Sybille rasch ein neues Leistungspferd und fand dieses in Estopal Estopa. Gemeinsam hatten sie bereits in Most Erfolg, war es dann für Estopal Estopa in Nörten-Hardenberg der erste 160 km-Ritt überhaupt. Er zeigte sich in perfekter Verfassung. Mit einem Schnitt von 16,49 km/h schafften Reiterin und Pferd die Strecke in 9 Stunden 42 Minuten 9 Sekunden. Damit kehrt der Meistertitel nach einem Jahr Pause wieder zurück zum Schilchernhof. Fragt man Sybille nach dem Geheimnis des Erfolges, so sind es zu 80 % die gute, natürliche Gruppenhaltung. Die Pferde haben viel Auslauf und legen täglich geschätzte 20 km auf der Koppel zurück. Hinzu kommt speziell im Winter 4x/Woche eine Trainingseinheit in der Führanlage, im Sommerhalbjahr viele Bergauf-/Bergabritte. Außerdem liegt Sybille das Futterthema sehr am Herzen. Mit Marstall Premium-Futter hat sie die besten Erfahrungen gemacht, außerdem reitet seit zwei Jahren ausschließlich mit Deuber Sätteln, die Sie auch als fachkundige Händlerin verkauft und andere Reiter berät. Der Blick in die Zukunft ist reiterlich sicherlich Richtung WM gerichtet, aber auch der Aufbau einer eigenen Zucht mit hochkarätigen Sportpferden ist eines ihrer Ziele.
Und die Förderung des Distanzsports ist immer ein Thema, hier könnte noch viel erreicht werden. „Drachenflieger sind noch eine wesentlich kleinere Gruppierung, als Distanzreiter“, so Sybille. Durch engagierte Marketingmaßnahmen konnte es hier erreicht werden, dass die Top-Piloten vom Sport gut leben können. „Warum sollte das nicht auch beim Distanzreiten möglich sein? Um derzeit in der Spitze mitzureiten, verlangt es momentan auch die nötigen finanziellen Eigenmittel. Wenn die Reiter etwa 20.000 Euro selbst pro Jahr in den Sport mitbringen müssen um erfolgreich vorne dabei zu sein, dann ist es verständlich, dass das Spitzenfeld nicht sehr breit ist. Wenn wir uns gemeinsam für den Sport einsetzen, kann dieses vielleicht in der Zukunft anders werden,“ sagt Sybille optimistisch.