Im Interview: Heike Blümel

Distanzreiten.com
Du liegst ja im Ranking seit dem Raid unangefochten auf Platz 1. Du sagtest, dass Du als nächstes die Schwäbische Alb reiten möchtest – da wirst Du Deinen Vorsprung noch etwas ausbauen können

Heike
Ja das stimmt, im Ranking liege ich gut in Front und die schwäbische Alb werde ich reiten.

Distanzreiten.com
Ich habe die Rankings der letzten Jahre nicht im Kopf, aber ich gehe davon aus, dass Du auch schon in den vergangenen Jahren vorne mit dabei warst?

Heike
Da hast Du Recht, ich bin in den letzten Jahren ziemlich viele Kilometer geritten, insgesamt habe ich schon 8600 KM in der Wertung, alleine über 3500 mit Voila.

Distanzreiten.com
Wen ich Deine Ritte so verfolge, dann bist Du ja sehr vielseitig ausgerichtet – kurze Ritte, Hundertmeiler aber auch viele Mehrtagesritte. Ist das nicht eher ungewöhnlich?

Heike
Ja ich glaube schon, das das eher ungewöhnlich ist. Die meisten Reiter die im Kader sind, reiten dann oft nur noch auf internationalen Veranstaltungen, vorallem keine Mehrtagesritte. Distanzreiten ist mein Hobby und ich liebe es einfach mit meinem Pferd durch schöne Gegenden zu reiten. Natürlich gehört da dazu, mit einem gesunden Pferd anzukommen und wenn’s paßt natürlich auch zu gewinnen. Die andere Seite die mir am Distanzreiten aber einfach gefällt, ist es mit netten Leuten unterwegs zu sein und einfach Spaß dabei zu haben, eben ganz nach dem Motto: angekommen ist gewonnen 🙂

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In Dillingen lief es ja ganz gut. Wie bist Du den Ritt angegangen?

Heike
Ich wollte von Anfang an vorne mitreiten, von Voila weiß ich, das sie schnell sein kann und trotzdem super Regenerationszeiten haben kann. Es war mein erster Ritt, bei dem ich die Gelegenheit hatte, zusammen mit Melanie Arnold zu reiten. 2005 durfte ich bei Melly im Crewteam bei der WM in Dubai dabei sein und seither ist sie ein Vorbild für mich. Man kann unheimlich von ihr lernen, Sie reitet sehr gut, hat viel Erfahrung und immer eine gute Ritttaktik. Deshalb habe ich Sie in Dillingen auch nicht mehr aus den Augen gelassen, das hat ja auch bis ins Ziel geklappt. Als wir Hand in Hand eingeritten sind, war das echt ein Highlight für mich. Und Voila ist in Dillingen prima gelaufen, darüber war ich überglücklich, deshalb spielt es für mich dann keine große Rolle, ob 3. oder 4. Platz.

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Wie sieht es bei Dir mit Training aus? Machst Du da etwas bestimmtes, oder sind Deine zahlreichen Ritte Training genug?

Heike
Ich reite jeden Tag, meist im Gelände und mindestens einmal die Woche gibt es Dressurarbeit, bei der Voila sehr gut mitmacht. Die Ritte alleine sind mir nicht genug, wenn die Möglichkeit besteht, gehe ich auch gerne auf die Rennbahn zum Galopptraining, wie z.B. vor 4 Wochen in Gotha, da ist eine tolle Grasbahn von 2900 m.

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Wie viel Erholung gönnst Du Deinen Pferden nach so großen Ritten wie dem Raid, Dillingen oder auch der Schwäbischen Alb?

Heike
Richtige Erholungsphasen wo ich überhaupt nicht reite, gibt es bei mir nicht, nach 1-2 Tagen geht es gleich mit gemütlichen Ausritten weiter. Wie beim Menschen auch, der Muskelkater verschwindet am Schnellsten wieder, wenn man wieder weiter reitet.

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Du hast mir in Dillingen gesagt, dass Du in Andalusien nicht mit Voila Kossack, sondern Lens Amstrong, genannt Lenny an den Start gegangen bist.

Heike
Stimmt, Lenny ist mein Pferd für Andalusien, dafür wurde er extra gekauft. Ich wollte unbedingt diesen längsten Distanzritt der Welt mitmachen und war auf der Suche nach einem Pferd, das gesund, trittsicher und vorallem nervenstark ist. Schließlich ist der Raid Kaliber ein sehr anspruchsvoller Ritt, das sieht man alleine daran, das dieses Jahr nur 3 Pferde die ganze Strecke bewältigt haben. Es wird viel verlangt von den Pferden, zum einen schon mal der lange Transport von Deutschland nach Spanien, nicht zu unterschätzen ist auch die Klimaumstellung, an jedem Tag gibt es ein neues Quartier für die Pferde und dann müssen sie auch noch zwischen 60 und 80 km am Tag laufen und das durch teils sehr schwieriges und ganz unterschiedlichem Gelände. Dafür ist Voila nicht geeignet, sie frißt schon schlecht, wenn wir international unterwegs sind, und sie in so einem Stallzelt übernachten muß. Aber das allerwichtigste sind die Nerven des Pferdes, immer ruhig und gelassen bleiben und schauen wo man hinläuft, sich nicht verrückt machen lassen von den anderen Pferden, das ist die besondere Stärke von Lenny, er steckt seine ganze Engergie ausschließlich ins Laufen.

Distanzreiten.com
Ist  Lenny Dein Pferd für MTR?

Heike
Wie gesagt, Lenny ist speziell für Spanien, weil 2011 wollen wir natürlich auch wieder beim Raid Kaliber dabei sein.

Distanzreiten.com
Wirst Du mit ihm auch die Alb reiten?

Heike
Nein, dort werde ich mit der schönen Nil Khaznah von Ina Baader unterwegs sein. Nil hat übrigens die Liberty Klasse auf dem Kauber Platte Championat gewonnen und ist eines der Pferde, die bei der AWW Trophy in Führung liegt.

Distanzreiten.com
Am letzten Wochenende warst Du bei Ina und Toni auf der Kauber Platte. Wieso reitest Du dort einen KDR? Ist es die Freundschaft zu Ina, Sie war ja auch in Andalusien mit dabei? Oder magst Du einfach die AWW-Ritte?

Heike
Ich bin dort geritten, weil ich Voila mal auf einer Show zeigen wollte, und da hat sich natürlich angeboten den  KDR gleich als Trainingritt mitzunehmen. Ja, Ina war als Freundin und als Trosserin in Andalusien dabei, unser Leitspruch: ‚Never change a winning team‘, ist auch 2010 beim Raid Kaliber mit dem 3. Platz wieder aufgegangen. Ina als Tross ist einfach unschlagbar, sie behält die Übersicht, hat tausend helfende Hände und immer gute Laune. Für mich und Lenny, aber auch mit Voila in Babolna war Ina immer meine große Hilfe. Die AWW-Ritte mag ich sehr gerne, bin 2006 -2008 dort fast alle Ritte mitgegangen, erst mit Voila dann mit Baikorada, dem Pferd von Annette Nothhaft.

Distanzreiten.com
Auf der Kauber Platte hast Du Voila beim Araber Championat vorgestellt und in Deiner Klasse gewonnen – herzlichen Glückwunsch! Ich wusste gar nicht, dass Du auch an Championaten teilnimmst?

Heike
Das war wie gesagt das erste Mal, das Voila auf einer Show war. Und ich bin natürlich überglücklich gewesen, als sie die Sportpferdeklasse gewonnen hat, aber das mit der Show war eine einmalige Sache, zukünftig soll sie schon das machen, was sie am Besten kann – viele Kilometer laufen.

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Seit wann hast Du Volia jetzt und wie bist Du zu ihm gekommen?

Heike
Voila habe ich 2005 gekauft. Ich habe sie auf der Homepage von Doubravsky Arab gesehen, dort war Voila nach Ihrer Rennbahnkarriere, persönliches Reitpferd von Frau Sally Tromp, ehem. Frau Schäfer und stand nicht zum Verkauf. Mein Mann und ich sind damals trotzdem auf das Gestüt in die Tschechei gefahren und ich durfte Voila Probe reiten und dann hat sie mir Sally doch verkauft 🙂

Distanzreiten.com
Wenn Du Dich nach einem Pferd umschauen würdest, welchen Weg würdest Du da gehen?

Heike
Also ich würde wahrscheinlich als erstes wieder bei Sally anrufen, sie lebt inzwischen in Holland und züchtet zusammen mit Ihrem Mann Araber für alle Sparten des Sports. http://www.klarenbeekarabians.com/

Distanzreiten.com
Wissen die Insider, wo gute Pferde zum Verkauf angeboten werden?

Heike
Ich leider nicht.

Distanzreiten.com
Wie sieht das für Distanz-Einsteiger aus, ich denke, es ist nicht leicht, ein Distanzpferd zu finden?

Heike
Nein das ist es wirklich nicht, und ich würde jedem Einsteiger empfehlen keinen jungen, rohen Araber zu kaufen, sondern vielleicht eher einen Rassemix oder Traber ;-), oder wirklich schon einen älteren Araber, zwischen 6 und 9 Jahren, der schon ein bisschen was erlebt hat in seinem Pferdeleben. Da läuft dann der erste Ritt auch viel entspannter ab. Viele Einsteiger sind auch nicht bereit, viel Geld für ein Pferd auszugeben, da wird es dann besonders schwierig. Ich denke nicht das ein gutes Distanzpferd teuer sein muß, das sieht man dem Pferd und auch nicht dem Papier an beim Kauf an, ob das später mal ein Hundertmeilenpferd wird. Das kommt in erster Linie auf die Gesundheit, die Entwicklung, auf’s Training und auf die Haltung an. Ich hätte von Lenny auch nie gedacht, das er wie in der Heide vor 2 Wochen, 124 km am Stück läuft.

Distanzreiten.com
Wie sieht es da bei den Züchtern aus, z.B. Kossack. Züchten die eher für Show oder auch für den Distanzmarkt?

Heike
Bei Kossack’s bin ich selber nur hin und wieder auf der Homepage, da sieht man, das die wohl jetzt eher auf französische Rennlinien setzen.

Distanzreiten.com
Ist der Distanzmarkt überhaupt interessant für Züchter?

Heike
Ich denke eigentlich schon, vielleicht nicht nur eingegrenzt auf Distanzpferde, sondern generell auf geritte Araber, auch für die anderen Reitklassen. Gerade beim Westernreiten oder auch in der Dressur, hat sich der eine oder andere Araber doch sichtlich bewährt.

Distanzreiten.com
Wie sind Deine Pläne für 2011?

Heike
Über 2011 habe ich so groß noch gar nicht nachgedacht. Im September 2010 will ich mit Voila erst mal nach Florac (F). Dort findet der pre-ride zur EM 2011 statt. Das wird ein sehr schwieriger Ritt, es sind 4500 Höhenmeter zu überwinden. Wenn das gut läuft, dann sehen wir mal weiter.

Distanzreiten.com
Wie schaut es aus mit CEIs im Ausland, ist das Deine Welt?

Heike
Ja, wenn es gut organisierte Ritte sind, wie z.B. in Babolna, gerne. Mein Traum wäre, einmal in Jordanien oder in Dubai zu reiten, allerdings dann mit einem rent-a-horse, na vielleicht klappt es irgendwann mal.

Distanzreiten.com
Wie siehst Du den Distanzsport im Vergleich zum Ausland?

Heike
Wir können uns eigentlich mit Ländern wie Frankreich, Amerika oder gar UAE gar nicht vergleichen.

Distanzreiten.com
Wo sollte es Verbesserungen geben?

Heike
Distanzreiten kostet sehr viel Geld, das sich kaum einer, ohne Sponsoring, hier in Deutschland leisten kann, deshalb brauchen wir viele Sponsoren, die in unseren Sport ‚Distanzreiten‘ investieren.

Distanzreiten.com
Danke für das Interview.

Heike
Danke auch.

Heike Blümel, DM Dillingen 2010, Foto: Christian Lüke

Heike Blümel, DM Dillingen 2010,
Foto: Christian Lüke