Bert Fichtel: Eine Distanz-Ikone feiert 80-jährigen Geburtstag

Am 7. August 1937 erblickte Bert Fichtel das Licht der Welt. Im Alter von 20 sitzt er zum ersten Mal auf einem Pferd und auch bis zum Frühjahr 2017 war er auf zahlreichen Feuerkreis-Langsteckenritten am Start – und das sehr erfolgreich! Heute feiert Bert seinen 80. Geburtstag.

In seinen jungen Jahren war Bert eigentlich Segler – ein begnadeter aber auch sehr draufgängerisch. Die Liebe führte ihn später zum Fechtsport, allerdings mit mäßigem Erfolg. Er hatte daraufhin gelesen, dass man auch als Rechtshänder die linke Hand trainieren sollte.

Also hat er mit einem Florett mit orthopädischem Griff für Linkshänder links gefochten, allerdings auch mit mäßigem Erfolg.
Im Alter von 20 Jahren saß Bert zum ersten Mal auf einem Pferd, das war 1957. Reiten war in jener Zeit etwas Utopisches, ein Hobby, das sich nur ganz wenige Personen mit einem entsprechenden Einkommen leisten konnten. Eine Reistunde für 2 DM war kaum bezahlbar. Da Freunde zu jener Zeit Islandponies besaßen, hatte Bert damals die Möglichkeit, erste Erfahrungen auf dem Pferderücken zu machen. Es folgte der Beitritt zu einem Reitverein. Aber dennoch war es Bert in diesen Jahren nicht möglich, ein Pferd aus dem Reitstall zu leihen, um einen Ausritt zu machen, obwohl ihn dieser Gedanke so sehr faszinierte, denn man musste dafür mindestens das bronzene Reitabzeichen besitzen und ebenfalls recht viel Geld für einen Ausritt zahlen. Auch Leihställe gab es damals kaum in seiner Gegend.
Zufällig stießen Bert und seine damalige, ebenfalls reitbegeisterte Frau, auf das Pferd Bolja, das zu verkaufen war. Seine schwangere Frau hatte sich sehr in das Pferd verliebt. „Spontan und wirtschaftlich nicht fundiert, hatten wir Bolja damals erworben, dieses ermöglichte uns tägliches Reiten“, so Bert. Das Pferd wurde eines der erfolgreichsten Hundertmeilerpferde der 70ger/80 Jahre.
Nach einigen Reitjagden, die Bert mit Bolja bestritt, erschien ein Artikel über den ersten Deutschen Distanzritt in Ankum, der Berts Leben komplett auf den Kopf stellte. Er konnte damals mit seinem Pferd 1,5 Stunden flott über sandige Wege reiten, „man hatte nicht daran gedacht, dass es überhaupt möglich sei, einem Pferd viel mehr an Ausdauerleistung abzuverlangen“, sagte Bert. Unbedingt wollte er beim nächsten Distanzritt mit dabei sein und er setzte alle Hebel in Bewegung, um im Folgejahr in Ankum am Start zu stehen. „Solch eine Aktion war damals ein unglaublicher Aufwand. Dieser und folgende Ritte fanden nicht gerade vor der Haustür statt. Man musste durch halb Deutschland reisen, benötige dafür einen Pferdehänger und eine passende Zugmaschine – alles Dinge, die zu besitzen in jener Zeit absolut nicht selbstverständlich waren. So waren es damals nur Unternehmer, Steuerberater, Rechtsanwälte… vielleicht 6-7 an der Zahl, die zu dieser elitären Gruppe gehörten, die an Distanzritten teilnehmen konnten.“
Bert telefonierte mit dem Veranstalter des Ankum-Rittes, Wolf Kröber, dieser hatte ihm eine Transportmöglichkeit für sein Pferd vermittelt. Es kamen in den Folgejahren weitere Distanzritte hinzu, auch in Süddeutschland. Doch dann, 1969, kam ein neuer Trend zu kürzeren Ritten in Mode. Diese Entwicklung gipfelte 1976 in der Gründung des VDD. Hier wurden solch kürzere Distanzen offizieller Bestandteil des Reglements, worauf vier Veranstalter, die das Langstreckenwesen nach 1969 begründet hatten, ihre Termine absagten. So kam es damals zu jenem legendären Treffen im Kreise eines Lagerfeuers, bei dem sich diese Veranstalter und weitere engagierte Reiter (auch Bert) in der Runde versammelten, um über die Zukunft des Distanzreitens zu beraten. Es wurde der Beschluss gefasst, eine eigene Vereinigung, den „Feuerkreis“ zu gründen, um die alten Werte des Sportes zu wahren (detaiilierte Infos auf www.feuerkreis.de).
Bert wurde zum Rittveranstalter, etwas was nie zuvor in seiner Absicht war und „aus der Not heraus entstand, da der VDD sich nicht mehr für lange Ritte interessierte“, so Bert. Der erste große Ritt des „Feuerkreis“ war der Hundertmeiler Hamburg-Hannover (die heutige Heidedistanz), deren Organisation der Verein übernahm. Insgesamt 15 mal wurde dieser Klassiker als Feuerkreisritt ausgetragen, bevor die Organisation an Claus Angelbeck überging.
Etwa ein Dutzend weitere Feuerkreis-Ritte kamen in den Folgejahre, vorwiegend im Nordwesten der Republik, hinzu. Die größte Veranstaltung sollte 1990 der Trabweg West werden. Ein Ritt, der von Frankreich über das Saarland, über 1000 km bis hoch zur Nordsee verlaufen sollte: Ein Ritt, der in dieser Größenordnung seit damals nicht mehr geboten wurde.
2012 erreichte die Mitgliederzahl der Feuerkreisler die 100er Marke, eine kleine Minderheit unter den etwa 2000 aktiven Distanzreitern in Deutschland. 5% der Distanzreiter im Lande schätzen die alten Werte und erfreuen sich an dem freundschaftlichen Klima und dem guten Geläuf der Feuerkreis-Ritte. Doch wie lange es diese Ritte noch geben wird, mag Bert nicht beantworten. „In fünf Jahren werde ich nicht mehr veranstalten“, sagt er an seinem 75sten Geburtstag vor 5 Jahren, „aber es finden sich auch begeisterte Reiter, die die Ritte übernehmen und somit erhalten. Die Gefahr ist jedoch gegeben, dass der Feuerkreis überaltern wird, denn es kommen einfach zu wenige neue Reiter nach, denen die urspünglichen Werte des Distanzreitens am Herzen liegen.
2013 verstarb dann der Araber-Connemara Wallach Kimbal. Er war mit fast 11.000 Lebenskilometer nach Khazo sein Erfolgspferd.
„Und wenn es irgendwann nicht mehr ganz so heiß zur Sache gehen kann, dann habe ich unter meinen derzeit sechs Pferden, noch zwei Fjordponys von Boljas letztem Sohn im Stall: schön zu reiten, wenn ich einmal alt bin.“, so Bert im Jahr 2012.

Nach einem Sturz auf der Grastälerpassage im Frühjahr 2017 ist Bert nun auf dem langen Weg der Genesung. Der Reitsport wird in Zukunft sicher keine so große Rolle mehr in seinem Leben darstellen, wie in der Vergangenheit. Er denkt inzwischen wieder gerne an das Segeln zurück, vielleicht wäre das etwas für die Zukunft. Er ist auch ein hervorragender Zeichner und Maler und hat früher im Auftrag tausende von Zinnfiguren bemalt. Seine Kreativität und seine Furchtlosigkeit sind ein wichtiger Teil seines Lebens und so hat viele andere für seine Ideen begeistern können. Dazu gehört auch Bogenschießen, das hat er als junger Mann auch schon gemacht.

„Ein kleiner Stall in Meeresnähe, dass hätte mir auch gut gefallen“, meinte Bert zu seinem 80er Geburtstag.
Wir wünschen Dir einen schönen 80. Geburtstag und noch viele, viele erfüllte Jahre beim Reiten, Segeln, Malen, Bogenschießen oder auch in aller Ruhe im Rückblick auf ein erfülltes Reiterleben. Alles Gute für die Zukunft, lieber Bert.

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