Wir sind so ein Völkchen

Es ist Donnerstag, der 28. Juli 2016, 23:45 Uhr. Seit 18 Uhr habe ich meinen Abend bei Facebook verbracht. In der Gruppe „distanzreiten.com“ gab es 2 Posts mit reger Beteiligung anlässlich der Deutschen Meisterschaft in Marbach und ich hatte mir den Abend frei genommen um die zahlreichen engagierten Beiträge konzentriert durchzulesen. Puh! Geschafft! Wenn Ihr keine Zeit oder Lust habt, dem ganzen Gedankenfluss zu folgen, hier folgt gleich eine kurze Zusammenfassung der wesentlichen Inhalte.

 

Es gab da ein kleines Problem: Unser Deutsche Meisterschaft im Distanzreiten hatte sehr wenige Teilnehmer. Diese Tatsache kann man negativ oder auch positiv sehen. Ich sehe sie positiv denn die niedrige Beteiligung rüttelt doch viele Distanzreiter auf und es entsteht eine angeregte Diskussion über den Distanzsport in Deutschland, die – so hoffe ich – nicht 2 Wochen nach der Deutschen Meisterschaft endet! Es muss etwas getan werden, das ist nicht neu, aber der Unterschied ist, dass nun der Startschuss gefallen ist!

 

Die niederige Beteiligung auf der DM hat uns gezeigt, wohin die Entwicklung im Distanzreiten bei uns geht und Umfragen haben die Ursachen dafür hervorgebracht. Wir sehen das Ergebnis, wir kennen die Probleme, wir reden viel, aber es passiert nichts. Ich erkläre den 28. Juli 2016 für den Tag, an dem sich etwas ändert und alle ihr, die ihr redet seid nun dazu aufgerufen, AKTIV zu handeln!

 

Viele reden und schimpfen auf den VDD. Auch ich bin kein großer Fan des Verbandes, deswegen auch die Eigeniniative distanzreiten.com. Es ist eine Eigeninitiative, die keine com.merziellen Absichten verfolgt (dann hätte man auch die Domain nicht für viel Geld erworben), sondern die darauf beruht, dass ich die Unzufriedenheit über fehlende Aktivität mit vielen anderen teile und bereit bin, meinen Beitrag zu leisten etwas zu tun – mit den Möglichkeiten, die mir zur Verfügung stehen. Seit ich vor vielen Jahren zufällig vom Distanzreiten erfahren habe, hat mich die Faszination nicht mehr losgelassen aber ich musste erleben, wie schwer es für einen Aussenstehenden ist, in diesen Sport hineinzukommen. Ich sah und sehe unendlich viele Punkte, die man angehen muss um den Sport voranzubringen und ich sehe keine Bewegung.

Distanzreiten.com ist darum ein Versuch, wenigstens im Bereich Webseite und aktueller Berichterstattung eine akzeptable Basis zu schaffen. Die Seite ist keine Konkurrenz zum VDD, ganz im Gegenteil. Mein Wunsch wäre es, sehr eng zusammenzuarbeiten oder auch mit dem VDD zu verschmelzen, allerdings möchte das die Mehrheit der User nicht. Nach meiner Meinung liegt das nicht an der Webseite sondern vielmehr an Vorbehalten, was dann aus dieser Seite werden würde, wenn jeder Beitrag und jedes Wort im Sinne der Basisdemokratie des Vereins abgesegnet werden müsste.

Fakt ist, dass die Distanzreiter ein „kleines zerstrittenes Völkchen“ sind, die es aber im Prinzip gar nicht sind. Vielleicht streiten sie nur gerne? Ich weiß es nicht. Die Diskussion auf Facebook und auch direkte Gespräche mit Reitern der „verschiedenen Lager“ zeigen mir identische Gedankengänge, Wünsche und Hoffnungen.

Also, lieber Distanzreiter die ihr über DEN VDD schimpft. IHR seid der VDD. Macht ihr, machen wir es besser – jetzt! Wenn wir bis zur nächsten JHV warten würden und ich mich bis dahin nicht rasiere, dann habe ich einen sehr langen Bart.

 


So nun zur Sache:

Problem: Geringe Beteiligung bei der DM

Was waren die Gründe:

  1. Wir haben zu wenig geeignete Reiter/Pferde Paare für 160 km
  2. Die DM war kein Sichtungsritt für internationale Championate
  3. Teilnahme zu teuer
  4. Das Geläuf der Strecke wurde beanstandet (es wurde nachgebessert, dieses aber zu spät kommuniziert)

 

Wir wollten wissen, was man tun kann, um die nächste Deutsche Meisterschaft zu einem Top-Event zu bringen

Das waren die Top-3-Antworten:

  1. Möglichkeit vorher in der Wertung zu enden
  2. Die DM soll ein Sichtungsritt für internationale Championate sein
  3. Die DM sollte über 120 km ausgetragen werden

 

Merkt Ihr etwas? Was ist so schwer zu verstehen?

Es gibt zu wenig Reiter/Pferd Paare, die auf 160 starten können und die es schon getan haben, derzeit sind es 40 in Deutschland, davon etwa 10, die nicht wirklich auf eine DM stehen und 10, die ich nicht befragen konnte da mir die Kontaktdaten fehlen. Einige Pferde und auch Reiter sind zudem in einem fortgeschrittenen Alter und es wird sicher auch immer Pferde geben, die aus gesundheitlichen Gründen nicht starten können. Dann haben wir 15-20 Reiter, ziehen wir noch einmal ein Drittel ab, die wegen der Sichtungsritt-Problematik nicht zur DM gehen. Also in Deutschland haben wir ein tatsächliches Potenzial von 10-15 Reiter/Pferden mit der Erfahrung Hundertmeiler in den Hufen als Potenzial für die DM wenn alles gut läuft.

Was hat die Umfrage noch ergeben? Wäre es möglich auf dem Hundertmeiler der DM zu starten und den Ritt vorzeitig in der Wertung zu beenden, dann würden sich derzeit 61 weitere Starter anmelden, würde die DM ein Sichtungsritt würden nochmals weitere 34 Starter starten.

Also haben wir kein Problem mehr, oder? Es gibt ein sehr großes Potenzial im Lande, dass einen LDR 120 km reiten kann, sich auch dazu motivieren kann, auf den Hundertmeiler zu trainieren, da die DM ein attraktives Ziel ist, mit dem Wunsch, in der Wertung zu enden, wenn der Partner Pferd zu erkennen gibt: bis hier hin und nicht weiter.

Wir Deutschen sind ein Reitervolk, dem die Gesundheit unseres Pferdes sehr am Herzen liegt, Tierschutz wird groß geschrieben. Die große Masse der Distanzreiter bei uns hat EIN Pferd und ist, auch im eigenen Interesse, bestrebt, alles für die Gesunderhaltung des Pferdes zu tun. Auch wenn es hier wieder unterschiedliche Meinungen gibt, ich denke, eine vorzeitige Beendung in der Wertung verleitet eher zum Beenden des Rittes, als dass man versucht, ein erschöpftes Pferd mit aller Kraft ins Ziel zu bringen.

Also, worauf warten wir?

Auch die Diskussion, dass nur derjenige Deutscher Meister werden kann, der die kompletten 160 km geritten hat, ist nebensächlich, denn wenn wir (rechne, rechne) über 70-100 Starter haben, sollte schon einer die 160 schaffen, oder?

Mein Vorschlag wäre, mit den Verbereitungen für DM 2017 heute zu beginnen und schnellstens eine Abstimmung über diese Änderung zu machen sowie einen Veranstalter und eine geeignete Strecke zu finden, wenn es noch einen Veranstalter geben sollte, der sich dafür bereit erklärt.

 

Was ist sonst noch zu tun? Aktive Werbung für diese DM 2017, PR-Arbeit wo es geht auch generell für den Distanzsport, hier muss ein Team her! Die sozialen Netzwerke müssen kochen und das Distanzreiten muss sehr aktiv beworben werden. Eine Webseite für die DM muss her, kann auf Distanzreiten.com als Unterseite eingestellt werden, ich würde auch eine Neuerstellung eine separaten Seite auf eigene Kosten aufbauen, gerne auch pflegen oder/und dem VDD zur Verfügung stellen.

Eine Top-WM 2017 ist doch ein erstes gutes Ziel, dass ohne Probleme erreicht werden kann, wenn man das Ziel hat und es angeht.

Es ist doch alles ein Kreislauf: Ist die DM ein Top-Event mit starker Beteiligung, brummt die Pressearbeit durch uns, dann erfahren junge Reiter vom Distanzreiten, sie bekommen Interesse am Sport, wir nehmen sie an der Hand, geben ihnen Infos und Hilfestellung, dann ist der fehlende Nachwuchs da, der vielleicht ein paar Jahre später durch unsere Hilfestellung an der DM teilnimmt.

 


What’s next?

Ja, jetzt kommen die ganzen Punkte, die für so viel Kritik sorgen:

Wir müssen langfristig denken, Visionen als Ziele definieren und jetzt beginnen. Aktionismus ist gefragt, wir brauchen, z.B.

  • Stärkung des Gemeinschaftsgefühls der Distanzreiter
  • Aktive Werbung für den Distanzsport
  • Nachwuchs fördern (es beginnt mit schnell zugänglichen Infobroschüren über den Sport, Anprechpartnern in der Nähe, Infos zu Anfängerfragen auf der Webseite, Übersichten über Ställe in denen sich Distanzreiter befinden, Hilfen von Reitern, Trainingstipps, Lehrbücher, Seminare zur Fortbildung …)
  • Züchter und Pferdebesitzer begeistern um Pferde zur Verfügung zu stellen

uvm.

Ich habe an den Diskussionen in FB gesehen, wieviele Personen es gibt, die ähnlich denken und die voller Tatkraft sind, aber enttäuscht, dass sich nichts bewegt. Lasst uns starten. Lasst uns gemeinsam einen Fahrplan entwerfen, wohin es gehen soll und lasst uns jetzt beginnen. Jeder der Lust hat, sich aktiv in irgendeiner Form zu beteiligen möge sich melden!

 

8. Mainschleifen-Distanz 2016, Foto: Jan Kirschnick