Kreuth 2010 oder Longfingervalley!!!
von Marianne Hähnel
Nachdem am Donnerstag bereits die gesamte Jugendmeisterschaft durch den Hirschwald gejagt und der vom vielen Regen durchweichte Boden an gewissen Stellen ziemlich überstrapaziert war, fanden sich am Freitag während der Siegerehrung die ersten Teilnehmer der „normalen“ CEI und CEN ein.
Die Meldestelle machte einen leicht genervten Eindruck und man konnte weder Informationen noch Programmhefte bekommen. Ein Armutszeugnis bei den Preisen.
Außer Betty Finke habe ich keinen Journalisten oder Profifotografen gesehen. Sind „normale“ 160 km CEI denn gar nicht interessant?
Die Voruntersuchung wurde kurzerhand in die große Ostbayernhalle verlagert, da der Dauerregen wirklich ekelhaft war. Alle 3 Pferde (Viszlar, Bijari Bint Bahira für 39 km und Baida in Nahar für 80 km) bestanden die Voruntersuchung mit Bravour. Damit war die erste Hürde genommen. Zwischenzeitlich ging ich zum Einwiegen, was bei einer Mindestanforderung von 70 kg wirklich kein Problem darstellte – der Platz war natürlich auch sehr geschickt gewählt – direkt neben den Toiletten. Die Meldestelle und die Tierärzte machten pünktlich Feierabend, dafür kam Ahmed zur Vorbesprechung etwas später, was unseren Zeitplan mit Zimmer beziehen, Gate einrichten und um-beschlagen etwas durcheinander brachte. Im Gutsgasthof gab es dafür bis 24.00 Uhr warmes Essen und das Personal war gut gelaunt wie immer. Danach konnten wir uns ins Bett „rollen“. Da wir in Rieden noch ein Zimmer ergattert hatten, das auch zu Fuß zu erreichen gewesen wäre. Vermutlich waren noch Zimmer frei, weil die BLS mit Dressur und Springen ausfallen musste.
Morgens um 6.30 Uhr machte ich mich auf den Weg um die 3 Pferde zu füttern und fand alle wohlauf vor. Also in Ruhe das Equipment zusammensuchen und Pferd putzen und einflechten (Der neue Transponder zur Zeitmessung musste fixiert werden), um zur Ausrüstungskontrolle zu gehen. Ich machte mir das nächste Häkchen – Hürde Nr. 3 genommen. Vorsichtig wärmte ich mein Pferd auf, um vielleicht doch mit der Gruppe zu Starten. Baida kennt das Ritual nur leider zu gut und beim „raus zählen“ drehte er den Gashahn auf – tja dumm gelaufen. Als ich dachte es wären alle Starter vorbei, kamen immer noch Nachzügler und ich konnte einfach keinen Rhythmus finden. Irgendwie funktionierten Kupplung und Bremse nicht richtig. Das ging die nächsten 7 km so. Dann der Abstieg ins Lauterachtal und die erste Umleitung, die Ahmed Vortags so umständlich beschrieben hatte. Es kann schon sein, daß an Werktagen der Verkehr auf der Straße schlimm ist, doch Samstag früh war absolut nichts los. Die Umleitung ging parallel zur Straße durch eine Wiese und über einen Minibach – von dort kamen mir schon 2 Reiter entgegen, darum entschloß ich mich für die gewohnte Variante (Straße). Auf dem Weg zum nächsten Crewpunkt (War das jetzt ein Crewpunkt oder ein Wasserpunkt?) fanden Baida und ich endlich unser Gleichgewicht und auch die neue „Umleitung“ war gut abgesperrt. Verbesserungen diesbezüglich konnte ich keine feststellen – aber der Verdacht erhärtet sich, daß die neue Route länger ist. Am ersten Crewpunkt überholte ich die Beiden vor mir, damit ich endlich Ruhe hatte und von da an ging es stetig besser. Auch als ich die nächsten Reiter im Hirschwald überholte und endlich ein Wasserpunkt kam, an dem man auch ohne Crew sein Pferd trinken lassen konnte hatte ich ein gutes Gefühl. Nur hatte ich auf den ersten km meine Nierendecke verloren – d.h. ich hatte im Gate gar keine Decke, da mein Tross ja erst meinen Autoschlüssel brauchte und den hatte ich in der Hosentasche. Also Handy gezückt und Info `rüberwachsen lassen. Hanni hatte aber schon Decken besorgt und ich konnte beruhigt ins Gate reiten (Man kann ja nichts deponieren, oder liegenlassen, denn Alles findet einen neuen Besitzer!).
Erstaunlicher Weise trank Baida schon nach 30 km ein wenig – und ich ließ mir Zeit beim Messen. Die Standzeiten waren zwar durchweg schlecht (für Baida), dafür waren alle Bewertungen super (Das nächste Häkchen für die nächste Hürde.). In der ersten Pause musste ich dann Auto, Tross, Pausenplatz und Equipment organisieren, um dann wieder pünktlich auf die nächste Runde zu reiten.
Baida schafft es doch immer wieder, mich zu überraschen. Ich schnalzte nur mit der Zunge und er bretterte los, als ob wir ein Finish gewinnen wollten. Bald darauf hatte ich den Bulgaren-Miroslav Metodiev und Katrin Falke-Schmidt erreicht und bei der Gelegenheit fand ich auch meine Nierendecke wieder. Vielen Dank an meine Mit(str)eiter, daß Beide gewartet haben, bis ich mit Rolle unterm Arm wieder im Sattel saß. So konnten wir als 3-Gestirn völlig Stressfrei weiterreiten. Baida machte das Tempo – Larogna folgte auf dem Fuß (Die Beiden kennen sich ja!) und der Hengst machte das Schlusslicht. Somit konnten wir uns zusammen betreuen lassen bzw. die Pferde an den Wasserpunkten auch zusammen trinken lassen. Kollegial – sportlich – fair. Ich hatte auf der Strecke schon lange nicht mehr so viel Spaß – obwohl ich mich zum Unterhalten immer umdrehen musste.
So kamen wir gut über die 2e Runde (weitere 30 km = 60 km). Zusammen kamen wir ins Gate, aber Katrin´s Larogna hatte die bessere Regenerationszeit. Auch der Hengst war um ein paar Sekunden schneller – doch das war ja egal. Katrin und ich wir wollten sowieso zusammen reiten und Miroslav konnte tun, was er für richtig hielt.
Nach einer gut genutzten Pause (Inzwischen waren Viszlar und Bijari im Ziel!) konnte ich hinter Miroslav herdonnern. Vor der Unterführung grinsten wir uns an: „Only Show!?“.
Katrin war ein gutes Stück voraus mit Daniela Entner, doch nach dem ersten Anstieg im Wald waren wir wieder zu Dritt. Beinahe hätte ich vergessen zu singen, denn es war ja die letzte Runde. Da ich aber gnädig mit meinen Begleitern sein wollte, sang ich das „Baida-Lied“ nicht so laut.
Nach 69 km sagte ich zu Katrin: „Reiten wir doch schnell um´s Eck, denn ich glaube, wenn uns der Bulgare nicht mehr sieht, dann kommt er nicht mehr hinterher!“ Katrin meinte, daß Sie nicht schneller reiten wolle, da dies der erste CEI für Larogna sei. Wir gaben dennoch etwas Gas um Miroslav abzuschütteln, doch er kam hinterher und überholte uns nach dem Wasserpunkt an der Wendemarke.
Ich sagte:“Dumm gelaufen, das hätte ich nicht gedacht!“ Katrin hingegen meinte, daß ich mir den Bulgaren holen sollte: „Du schaffst das!“ Doch das war mir das Risiko nicht wert. Wir ritten zügig unser Tempo weiter, wobei Katrin wieder betonte, daß Sie kein Finish reiten wolle. Als wir auf die Zielgerade abbogen waren wir uns einig, daß wir miteinander über die Ziellinie galoppieren wollten. Doch die Pferde zogen dermaßen an, daß wir es gar nicht einsahen krampfhaft zu bremsen. Larogna muß das ja auch erst lernen und die „Kleine“ hat Potenzial. Meine Glückwünsche zu diesem tollen Pferd.
Bis zur Nachuntersuchung (Zwischenzeitlich noch auswiegen!) ließen wir uns Zeit und stellten nach 20 Min. in aller Ruhe vor. Die Tierärzte beurteilten Baida als sehr gut und ich war glücklich mit meinen 80 km in der Wertung. Die 2 ersten Runden, die ja identisch sind, ritt ich in gleichem Tempo und auf der letzten Runde waren wir deutlich schneller – so wie sich das gehört.
Nachdem wir uns alle umarmt und geherzt hatten, übergab ich Baida an Ernst, der erst einmal mit Baida grasen ging. Inzwischen konnte ich in den Stall laufen und nach „meinen“ Mädels schauen. Christina und Sandra waren gerade auf dem Weg zur Nachuntersuchung (39 km) und ich wollte die Beiden natürlich begleiten. Auch hier gab es keine Beanstandungen – besonders Viszlar lief sehr schön locker und ich freute mich über meine Bijari, die trotz Beinbruch wieder im Sport eingesetzt werden kann. Wir setzten die „Umarmerei“ fort und verbrachten die Pferde ins saftige Grün. Baida hatte „seine“ Mädels wieder und freute sich tierisch. Damit konnten wir den offiziellen Teil schließen.
Mit Equipment einsammeln hatten wir nicht viel zu tun, denn was etwas Wert war, wurde gestohlen (Mäntel, Pferdedecken). Auch beim Veranstalter kamen Sachen weg, wie z.B. Wasserhähne. Hydranten wurden umgefahren und Roflex-Paddoks gestohlen.
Letzteres kam dann zur Anzeige und die Betreffenden wurden verhaftet – eine schöne Bilanz für eine Europameisterschaft.
Am Sonntag nach der Transportfreigabe, hatte ich wieder viel Zeit, um mein Pferd zu putzen. Die Siegerehrung sollte um 12.00 Uhr in der großen Ostbayernhalle sein und es wurde auch pünktlich begonnen. Nebenbei bemerkt war die Tribüne ziemlich leer und nach getaner Arbeit verließen Alle fluchtartig das Schlachtfeld.
Eine schlecht besuchte Veranstaltung – warum wohl?