Distanztraining im Winter

von Ulrike Pottrick

Angereift: Glanni, 22 Jahre (2010), Foto: Ulrike Pottrick

Angereift: Glanni, 22 Jahre (2010), Foto: Ulrike Pottrick

 

Die Saison ist vorüber, nach einem Gesundheitscheck stellt sich die Frage nach dem geeigneten Training für die kalte Jahreszeit.

Die kalte Jahreszeit hat begonnen und die meisten Distanzpferde sind schon seit Anfang November von der Koppel in den Stall umgezogen. Spätestens nun wird es Zeit, sich Gedanken über die Arbeit im Winter und den kommenden Trainingsaufbau im Frühjahr zu machen.

Im Vordergrund sollten dabei folgende Fragen stehen:

  • Ist die vergangene Saison so gelaufen, wie ich sie mir vorgestellt und geplant habe?
  • Was hat bereits sehr gut funktioniert?
  • Wo sind Probleme aufgetreten und was war die Ursache für diese Probleme?

Nach Ende der Saison sollten die Pferde einen umfassenden gesundheitlichen Check erhalten – denn im Winter ist ausreichend Zeit, um gesundheitliche Probleme auszukurieren.

  • Check beim Zahnarzt
  • Check beim Physiotherapeuten/Osteopathen
  • Bei Verdachtsmomenten Check der Beine
  • Check der Hufe und des Beschlages
  • Check des Sattels

Nach dem letzten Ritt der Saison wird das Trainingspensum gezielt heruntergefahren. Nach der obligatorischen Pause von 2-6 Tagen nach dem letzten Ritt wird das Training zunächst wieder aufgenommen, jedoch werden nun die langen und schnellen Geländeeinheiten zunehmend durch ruhige und kürzere Ausritte ersetzt. Während des Winters sollten 2-3 mal die Woche ruhige Ausritte von 1-2 Stunden Länge erfolgen, der Rest wird mit Gymnastizierung, Longieren und Bodenarbeit aufgefüllt oder aber das Pferd nach einem Abtrainieren von 4-6 Wochen komplett aus der Arbeit genommen.
Das Distanzreiterlager ist, was die Winterpause angeht, durchaus zweigeteilt und beide Methoden bieten sowohl Vor- als auch Nachteile. Zum einen gibt es die Befürworter der kompletten Winterruhe. Am Ende der Saison wird mit den Pferden nach dem Abtrainieren nicht mehr gearbeitet und sie werden auf eine große Koppel mit Offenstall zur freien Bewegung entlassen. Allenfalls Bummelausritte finden noch statt. Der Vorteil der kompletten Winterpause liegt darin, dass Microverletzungen, die während der Saison entstanden sind, in Ruhe ausheilen können. Zudem haben nicht alle Reiter eine Reithalle zur Verfügung und wären aufgrund ihrer Arbeitszeit gezwungen, abends noch im Dunklen draußen im Gelände zu reiten. Da in manchen Regionen der Winter mit viel Schnee, Frost und Eis verbunden ist, kann ein regelmäßiges Arbeiten der Pferde im Gelände erschwert oder sogar teils unmöglich sein.
Allerdings setzt eine komplette Winterruhe großzügige und gute Koppeln, die zur Bewegung anregen, und einen Offenstall mit Zufutter voraus.

Der andere Teil der Distanzreiter arbeitet mit den Pferden, wenn auch reduziert, im Winter weiter. Hier ergibt sich die Möglichkeit, gezielt an der Gymnastizierung der Pferde, die wohl über den Sommer ein wenig auf der Strecke bleibt, zu arbeiten. Häufig haben sich im Sommer Steifheiten gebildet, die im Winter gelöst werden können. Von Vorteil ist es natürlich, wenn eine Reithalle oder ein guter, auch im Winter bereitbarer Außenplatz hierfür zur Verfügung stehen.
Zudem kann mit einem Pferd, mit dem gezielt über den Winter weiter gearbeitet wurde, früher in die Saison eingestiegen werden. Während mit dem „Pausen-Pferd“ in der Regel erst wieder ab März gearbeitet wird und es so auch nicht vor Ende Mai auf Ritten eingesetzt werden kann, können Pferde, die auch über den Winter trainiert wurden, schon auf den frühen Ritten im März und April an den Start gehen.
Für die Winterarbeit bietet es sich an, an den klassischen Baustellen unserer Distanzpferde zu arbeiten: Rittigkeit und Losgelassenheit. Egal ob Western, Englisch oder Barock – das Ziel sollte ein Pferd sein, das sich losgelassen und entspannt in allen drei Gangarten auf beiden Händen bewegen kann. Zudem kann diese Arbeit dazu genutzt werden, Lektionen wie fliegende Galoppwechsel, die auf Ritten gerade in höherem Tempo sinnvoll sein können, einzuüben und zu perfektionieren.
Longieren und Bodenarbeit bieten dem Pferd Abwechslung und können helfen, an Verspannungen zu arbeiten. Probleme beim Verladen können gezielt bearbeitet und auch das gute Vortraben an der Hand kann immer wieder geübt werden.
Hierzu kommen, wann immer es das Wetter und die Arbeitszeiten zulassen, Ausritte im Gelände, die allerdings mit Rücksicht auf den oft schlechten Boden eher ruhig ausfallen sollten. Gerade für Pferde, die gerne im Gelände zackeln und ungern Schritt gehen, bietet der Winter reichlich Übungsmöglichkeiten.

Ob ein Pferd im Winter geschoren werden sollte, hängt vor allem davon ab, wie viel Winterfell sich entwickelt und wie häufig und intensiv im Winter gearbeitet werden soll. Die erste Schur sollte im November erfolgen, bei Pferden mit starker Fellentwicklung muss nochmals im Januar nachgeschoren werden. Bei vielen Pferden reicht eine Teilschur in Form der Jagdschur oder auch nur Streifenschur. Vorteil dieser beiden Schuren ist, dass mit dem Pferd auch weiterhin im Gelände ohne Decke gearbeitet werden kann. Wird ein Pferd hingegen komplett geschoren, sollte man im Winter nur mit Decke reiten. Spezielle Nierendecken bzw.Ausreitdecken oder auch Rennpferde-Arbeitsdecken sind hierfür sehr geeignet.
Der Winter bietet die Gelegenheit, die Hufeisen abzunehmen und die Pferde für mehrere Monate barhuf laufen zu lassen. Allerdings funktioniert dies nur bei guten Böden und guter Hufsubstanz der Pferde. Können die Beschläge nicht komplett abgenommen werden, sollte über Winter der Beschlag mit Hufgrip erfolgen, um ein Aufstollen des Schnees in den Hufeisen zu verhindern.
Wenn der Saisonstart im April erfolgt, sollte man das Pferd ab Anfang März auf den Ritt vorbereiten. Die Geländeeinheiten werden nach und nach intensiviert, sowohl in Bezug auf die Streckenlänge, als auch auf die Geschwindigkeit. Schon jetzt im Winter sollte eine Trainingsplanung für die kommende Saison erfolgen und der eigene Trainingsplan erstellt werden.


Eine Wintertrainingswoche könnte so aussehen:

  • Montag
    Longieren 30-45 min v. a. in Trab und Galopp
  • Dienstag 
    Gymnastizieren 30-45 min, viele Übergänge Schritt / Trab / Galopp
  • Mittwoch
    Ausritt 1-1,5 h | viel Schritt
  • Donnerstag
    Bodenarbeit, z. B. Verladetraining, Arbeit an der Hand in Seitwärtsgängen
  • Freitag
    Gymnastizieren | 45-60 min rhythmische Tempoarbeit | Trab / Galopp
  • Samstag
    Ausritt 2 h | viel Schritt
  • Sonntag
    Ausritt 2-3 h | viel Schritt